Food Fraud (Lebensmittelbetrug)
Food Fraud bzw. Lebensmittelbetrug ist das vorsätzliche Inverkehrbringen von Lebensmitteln, deren Beschaffenheit nicht mit der Auslobung der Eigenschaften auf dem Etikett übereinstimmt, mit dem Ziel, einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen. Der Käufer wird hierbei getäuscht und erleidet wirtschaftlichen Schaden.
Tentamus Center
for Food Fraud, TCF²
Food Fraud tritt nicht nur global auf. Die häufig hochkomplexen internationalen Lieferketten bieten mannigfaltige Gelegenheiten für Betrüger. Verfälschungen können auf verschiedene Arten erfolgen bzw. verschiedene Aspekte der Auslobung eines Artikels können verfälscht sein. So kann eine Lebensmittelverfälschung z.B. die Zusammensetzung oder die Herkunft eines Lebensmittels betreffen.
Um dieser komplexen Herausforderung Rechnung zu tragen, wurde das Tentamus Center for Food Fraud, kurz TCF², gegründet. Das TCF² bündelt nicht nur die verschiedensten analytischen Möglichkeiten des internationalen Netzwerkes der Tentamus Labore. Wir nutzen auch das interne Tentamus Auditoren-Netzwerk, um unseren Kunden zum Beispiel bei der Identifizierung der Schwachstellen in den Lieferketten zu unterstützen und präventive Maßnahmen einzuführen.
Welche Formen des Lebensmittelbetrugs gibt es?
Lebensmittelverfälschungen erfolgen gezielt zur Täuschung von Zwischenhändlern und Verbrauchern, um minderwertige Ware teurer verkaufen zu können. Verfälschungen können auf verschiedene Weise erfolgen:
- Verdünnung, z.B. Honig mit Sirup, Kaltgepresstes Olivenöl mit minderwertigen Oliven- oder Fremdölen, Wässerung von Saft, Robusta in Arabica Kaffee, Olivenblätter in Oregano
- Austausch, z.B Färberdistel statt Safran
- Erhöhung des qualitätsbestimmenden Parameters z.B. nach Verdünnung (Melamin in Milch zur Erhöhung des Stickstoffanteils)
- Falschdeklaration der Herkunft, z.B. statt teurem kaltgepresstem Olivenöl aus Italien wir günstigeres Olivenöl aus Tunesien eingesetzt oder zugemischt
- Falschdeklaration der Tierart, halal, kosher (Pferdefleischskandal)
- Auslobung konventioneller Lebensmittel als Bio-Ware
Welche Lebensmittel sind besonders durch Lebensmittelbetrug gefährdet?
Generell besteht bei nahezu jedem Lebensmittel ein gewisses Potential für Verfälschungen und Lebensmittelbetrug. Lukrativ sind insbesondere vergleichsweise hochpreisige Produkte, bei denen durch Verfälschung eine massive Erhöhung des Gewinns möglich ist.
Einige Beispiele sind im Folgenden aufgezählt:
- Olivenöl
- Zusatz von oder vollständiger Ersatz durch minderwertige Qualitäten (z.B. raffiniertes Öl, lampant) zu Olivenöl nativ extra von oder vollständiger Ersatz durch günstigere Fremdöle, z.B. Sonnenblumenöl
- Zusatz von oder vollständiger Ersatz einer hochpreisigen Herkunft (z.B. Italien) durch eine günstigere, z.B. Tunesien
- Honig
- Zusatz von Zuckersirupen zum Strecken
- Tees, Kräuter & Gewürze
- Zusatz von oder Ersatz mit anderen Pflanzenmaterials, z.B. Olivenblätter in Oregano, Färberdistel statt Safran, Fremdpflanzen in (Kräuter-)Tee, Austausch natürlichen Vanillins aus der Schote mit künstlichem Vanillin
- Fruchtsaft
- Zusatz günstigerer Fremdsäfte
- Wässerung und Zuckerzusatz
- Aromen
- Ersatz natürlicher mit synthetischen Aromen
- Agavensirup
- Zusatz von Zucker
- Tierfutter
- Falsche Tier- oder Pflanzenart
- Fleisch & Fisch
- Falsche Tierart
- Wasserzusatz
- Zusatz unzulässiger Stoffe zur Farbgebung bzw. -erhaltung
- Spirituosen & Wein
- Illegal hergestellter Alkohol
- Diethylenglykol in Wein
- Geographische Herkunft
- Rebsorte
Welche Gefahren ergeben sich aus Food Fraud?
Food Fraud oder Lebensmittelbetrug ist eine Art der Täuschung. In den meisten Fällen resultiert Food Fraud in finanziellem Betrug: der Kunde wird getäuscht und zahlt seinem Lieferanten für ein minderwertiges Produkt zu viel Geld. Eine Beeinträchtigung der Gesundheit für Verbraucher ist meist jedoch nicht zu befürchten. Es gibt jedoch auch Fälle, bei denen der Aspekt der Lebensmittelsicherheit (Food Safety) überwiegt. Beispiele hierfür sind Methanol in Spirituosen, Melamin in Milch oder gesundheitsschädliche Farbstoffe in Gewürzen.
Rechtliche Grundlage
zum Lebensmittelbetrug
Die seit 14. Dezember 2019 geltende Kontrollverordnung VO (EU) 2017/625 löst die bis dahin geltende VO (EG) Nr. 882/2004 ab und rückt die Bekämpfung von Food Fraud stärker in den Fokus der Kontrollstrategien. So soll die risikoorientierte Kontrolle nicht nur unter dem Aspekt Lebensmittelsicherheit, sondern auch bezüglich Lebensmittelbetrugs ausgerichtet sein. Ferner wurde die Schaffung von Referenzzentren auf europäischer Ebene für die Bereiche Echtheit und Integrität der Lebensmittelkette ermöglicht. So wird die Aufdeckung von Betrugsfällen und die Einhaltung von Lebensmittelstandards erleichtert und dem Thema Food Fraud im Lebensmittelrecht mehr Gewicht verliehen.
HACCP, VACCP und TACCP
für mehr Lebensmittelsicherheit
HACCP, VACCP und TACCP sind Kontrollmechanismen, die im Herstellungsprozess und in der Lieferkette von Lebensmitteln helfen, Prozesse zu überwachen und Lebensmittelstandards durchzusetzen.
HACCP (Hazard Analysis Critical Control Points) ist ein Werkzeug aus dem Bereich der Lebensmittelsicherheit. Durch konsequente Anwendung und Einhaltung der HACCP-Richtlinien werden potentielle Gefahren, die sich an verschiedenen Stellen des Produktionsprozesses einschleichen können, vermieden. Ein Beispiel hierfür ist die Kontrolle der Einhaltung der Kühlkette bei leicht verderblichen Lebensmitteln. So kann die Verkehrsfähigkeit des Lebensmittels sichergestellt werden.
Analog zum HACCP findet im Bereich Produktsicherheit (Food Defense) das sogenannte TACCP (Threat Assessment Critical Control Points) Anwendung. TACCP hat zum Ziel, das Risiko bewusst herbeigeführter Kontaminationen des Produktes zu minimieren.
Für den Bereich Food Fraud kommt die Schwachstellenanalyse (VACCP, Vulnerability Assessment Critical Control Points) zum Einsatz. Hierbei wird die Lieferkette eines Produktes genau unter die Lupe genommen. Dabei wird auch die Zusammensetzung eines Produktes betrachtet. Es wird untersucht, aus welchen Rohstoffen das Produkt besteht und auch, woher die Rohstoffe stammen. Dabei können sowohl die politische Lage im Herkunftsland also auch das dortige Wetter (wetterbedingte Ernteschäden) das Risiko für Food Fraud erhöhen. Auch die Beziehung zum Lieferanten des jeweiligen Rohstoffes wird betrachtet. Besteht diese schon über einen langen Zeitraum? Gab es in der Vergangenheit bereits Probleme? Wie wurde mit dem Problem umgegangen? Im Rahmen der Schwachstellenanalyse werden noch viele weitere Aspekte betrachtet und gewichtet, um die Rohstoffe zu identifizieren, die ein hohes Risiko für Food Fraud aufweisen. Hierfür wird gezielt eine Vermeidungsstrategie gegen Lebensmittelbetrug entwickelt und umgesetzt. Neben Audits beim Lieferanten bietet insbesondere die Analytik leistungsfähige Optionen zur Erkennung von Food Fraud. Schließlich kann auch der beste Lieferant seinerseits Opfer von Food Fraud geworden sein und unwissentlich verfälschte Ware weitergeben.
TCF² - Besonderheiten, Zielgruppe & Vorteile
Das TCF² steht als zentraler Ansprechpartner für Fragen zum Thema Food Fraud zur Verfügung. Dafür nutzen wir das Netzwerk von über 80 Standorten weltweit. Dies ermöglicht uns räumliche Nähe zu unseren Kunden, ohne dabei auf umfassende analytische Möglichkeiten verzichten zu müssen.
Das TCF² bietet über das Labornetzwerk der Tentamus Gruppe vielfältige analytische Dienstleistungen rund um das Thema Lebensmittelbetrug an. Unser Ziel ist es unseren Kunden eine neutrale Entscheidungsbasis aufgrund valider Daten zur Authentizität ihrer Produkte bereitzustellen. Dies ist gleichermaßen interessant für den Retail sowie andere Akteure entlang der Wertschöpfungskette (Zulieferer, Importeure, Exporteure, usw.), um Food Fraud wirkungsvoll zu bekämpfen und finanziellen Schaden abzuwenden.
Laboranalysen zur Aufdeckung von Food Fraud
Das TCF² bietet Analytik mit modernsten Messinstrumenten, um die Authentizität Ihrer Produkte zu belegen und Lebensmittelbetrug aufzudecken.
Isotopenverhältnismassenspektrometrie (IRMS, SIRA)
Bei dieser Methode schauen wir uns die natürlich vorkommenden stabilen Isotope verschiedener Elemente in Lebensmitteln an. Meist kommen dabei Isotope des Kohlenstoffs (13C), Stickstoffs (15N), Wasserstoffs (2H) sowie Sauerstoffs (18O) zum Einsatz. Anhand des Anteils dieser Isotope im Verhältnis zu den in der Natur häufigsten Isotopen, z.B. 13C/12C, lässt sich auf die Herkunft (botanisch oder geographisch), Zumischungen oder auch Produktionsmodus schließen. Beispiele für die Anwendung sind:
- Erkennung der Zumischung von Zucker aus Mais- oder Zuckerrohr zu Honig mittels des Verhältnisses von 13C/12C
- Unterscheidung konventionell produzierter Lebensmittel, z.B. Schweinefleisch oder auch pflanzliches Material, anhand des 15N/14N-Verhältnisses
- Detektion der Wässerung von Saft durch Messung der 2H/1H und 18O/16O-Verhältnisse
Kernmagnetresonanzspektroskopie (NMR)
Diese Technik setzen wir sowohl zielgerichtet als auch nicht-zielgerichtet für sogenannte Fingerabdruck-Analytik ein. Eine zielgerichtete Anwendung ist beispielsweise die Detektion von Anteilen günstigen Robusta-Kaffees in teurem Arabica-Kaffee. Analytische Fingerabdrücke wiederum kommen bei der Analyse von Honig, Agavensirup und auch Olivenöl zum Einsatz. Analytische Fingerabdrücke ermöglichen sowohl Erkenntnisse zur Verfälschung durch Zumischung aber auch zur Herkunft einer Probe.
Hochauflösende Massenspektrometrie
Bei dieser, in der Lebensmittelanalytik noch recht neuen Technik werden, ähnlich wie bei NMR, analytische Fingerabdrücke der gemessenen Proben erstellt. Eine Anwendung stellt die Detektion von Sirup-Zumischungen zu Honig dar. Durch den Vergleich der Daten vieler verschiedener Sirupe mit denen von einer großen Anzahl authentischer Honige ist es uns möglich, Verfälschungsmarker für eine Zumischung herauszuarbeiten und in unbekannten Honigproben nachzuweisen.
Triple Quadrupol Massenspektrometrie
Diese Technik setzen wir ein, um zielgerichtet bekannte Substanzen zu detektieren, die im Rahmen von Verfälschungen vorkommen können. Darunter fallen z.B. verschiedene Farbstoffe, wie die Sudan-Farbstoffe.
Next Generation Sequencing (NGS)
Beim NGS handelt es sich um eine molekularbiologische Methode. Die in einer Probe enthaltenen DNA wird zunächst in kleine Teile „zerschnitten“. Von den auf diese Weise erhaltenen DNA-Bruchstücken wird eine Vielzahl an Kopien erstellt (Amplifikation) und schließlich wieder zu vollständigen DNA-Strängen zusammengesetzt. Die so erhaltenen DNA-Stränge werden dann mit Daten in einer Datenbank, die Informationen zu über 200.000 Spezies erhält. Im Gegensatz zur PCR (Polymerase Chain Reaction) können wir mittels NGS auch Mischungen verschiedener Arten bearbeiten. Ein Anwendungsbeispiel ist die Untersuchung von Oregano auf Fremdpflanzenmaterial, z.B. Olivenblättern. Im Bereich Tierfutter analysieren wir das Tierfutter auf Fleisch aus anderen als den gekennzeichneten Tierarten.
PCR
Auch bei der PCR (Polymerase Chain Reaction) handelt es sich um eine molekularbiologische Methode. Im Gegensatz zu NGS wird aber nur hinsichtlich eines einzelnen Parameters geprüft. Dies ist z.B. sinnvoll, wenn auf die Anwesenheit von Allergenen untersucht werden soll, z.B. Haselnuss. Es kommt vor, dass z.B. Nusspasten hochwertiger Nüsse mit günstigeren Nüssen verfälscht wird. In diesem Fall kann zu dem Food Fraud Aspekt ganz schnell ein Fall für die Lebensmittelsicherheit werden, da von Allergien betroffene Konsumenten durch den Verzehr ernsthaft zu Schaden kommen können.
Wie schütze ich mein Unternehmen vor Food Fraud?
Das Tentamus Center for Food Fraud unterstützt Ihr Unternehmen dabei, sich vor Food Fraud zu schützen.
Wie machen wir das? Zunächst lernen wir Ihr Unternehmen besser kennen! Dazu möchten wir von Ihnen wissen:
- Welche Produkte befinden sich in Ihrem Portfolio?
- Welche Position in der Lieferkette nehmen Sie ein?
- Sind Sie neu im Thema Authentizität oder schon ein „alter Hase“?
- Sind Sie ein Start-up oder etabliert und verfügen bereits über ein System, das Sie prüfen lassen wollen?
- Oder benötigen Sie einen Überblick oder auch Detailinformationen zu den analytischen Optionen?
Wir unterstützen Sie gerne in folgenden Bereichen
Beratung
- VACCP
- Kontrollpunkte
- Spezifikationen
- Vermeidungsstrategien
- IFS und andere Standards
Analytik
- Welche Analytik wofür
- Grenzen der Analytik
- Durchführung der Analytik
IFS und andere Industriestandards
- Audits
- VACCP
- Entwicklung von Vermeidungsstrategien